Marion Greve,

Superintendentin, Ev. Kirchenkreis Essen

Du stellst meine Füße auf weiten Raum 
(Ps 31,9)  

Ich träume eine Kirche, die Weite und Freiheit atmet – im Einklang mit der Psalmbeterin „Du, Gott, stellst meine Füße auf weiten Raum“ (Psalm 31,9). Eine Kirche, in der meine Kinder und Enkelkinder sich wohlfühlen, auf die sie stolz sind und in die sie ihre Freundinnen und Freunde gerne einladen.
In meiner Kirche der Zukunft sind in einer Großstadt wie Essen parochiale Gemeindegrenzen überwunden. Es gibt neben dem Kirchenkreis als Körperschaft des öffentlichen Rechts die EINE Gemeinde Essen und in ihr lebendige gemeindliche Orte, die sich wechselseitig mit ihren Schwerpunkten und Profilen ergänzen:

· ehemals eigenständige Gemeinden vor
Ort in den Sozialräumen;
· Kirchliche Dienste in Diakonie, Seelsorge,
Beratung und Schulen.
· Innovative neue Formate und
Erprobungsräume wie Segen45, eine
Agentur der Evangelischen Kirche
Essen, die bei der Suche nach
Segensritualen berät, weitervermittelt
oder selbst Segensmomente gestaltet.

Ich träume eine Kirche, die sich von zahlreichen Gebäuden getrennt hat. Die Kirchen und Gemeindezentren, die bleiben, sind energetisch saniert und werden gemeinsam mit anderen Partnerinnen getragen. Meine Kirche der Zukunft ist ein bunter Mischwald, in dem gewachsene Eichen neben kleinen Pflanzen einen lebendigen Organismus bilden. Kirche, so vielfältig wie ein Ökosystem – so divers wie die Menschen.
In dieser Mischwald-Kirche teilen wir die Leidenschaft für den SEGEN, die Leidenschaft für die WÜRDE jedes einzelnen Menschen vor Gott und für die konkrete NÄCHSTENLIEBE.
Deshalb konzentrieren wir uns auf SEGENsfeiern wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen. Und nehmen gleichzeitig die Sehnsucht ernst nach neuen Segensformen: wenn Menschen sich trennen; anlässlich einer Fehlgeburt; anlässlich eines beruflichen Wechsels etc.
Wir sind dabei mutig draußen unterwegs: beim Weihnachtsliedersingen im Stadion; an Flüssen und Seen, in Freibädern und auf alten Zechengeländen feiern wir Tauffeste und Popup-Hochzeitsfestivals für eine ganze Region oder Stadt.
Ich träume von einer Kirche, die als zahlenmäßig kleinere Kirche mit ihren Stimmen den öffentlichen Diskurs mutig mitprägt. Eine Kirche, die weiter gemeinsam mit Anderen für die WÜRDE und den Wert jedes einzelnen Menschen eintritt und die Menschen unterschiedlichster Haltungen oder Parteizugehörigkeiten ins Gespräch bringt.
Ich träume von einer diakonischen Kirche, die mit ihren haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden diejenigen unterstützt, die hilfsbedürftig sind. Eine Kirche, die durch tätige NÄCHSTENLIEBE an der Seite der Armen steht. In der allen viel zugetraut wird, so dass Menschen wachsen können.
In diesen weiten Raum, gefüllt mit Segen, Würde und konkreter Nächstenliebe, möge Gott unsere Füße setzen und uns den Rücken stärken.

Marion Greve,
Superintendentin, Ev. Kirchenkreis Essen