Unser Newsletter Januar 2025
In dieser Ausgabe finden Sie inhaltliche Beiträge von unseren akd Kolleg*innen Dr. Ricarda Schnelle, Markus Stammnitz und Dr. Gabriele Beckert.
Weniger ist mehr.
Inventur des Mangels zu Beginn des neuen Jahres
Bild: Dr. Ricarda Schnelle
Zum Jahresbeginn rümpeln viele Menschen aus. Klarschiff machen für das neue Jahr. Luft und Raum schaffen. Inventur. Auch im Kalender. Was kann weg und was ist mir wichtig? Die Jahresplanung steht zwar bei vielen schon lange fest. Aber taugt sie auch was und habe ich Lust, die Dinge anzugehen? Das wird zu Beginn des Jahres sichtbar. Zu viele Termine? Weg damit, raus aus dem Fenster!
Anders sieht es bei den Ressourcen aus. Da ist es in vielen Organisationen zu wenig: Zu wenig Personal, zu wenig Kraft, zu wenig Geld. Ressourcenmangel, egal wo man in Diakonie und Kirche hinschaut. Auch hier heißt es zu Beginn des Jahres: Inventur. Abwägen, aussortieren. Gerade weil es zu wenig Ressourcen sind.
Es gibt Bereiche oder Projekte in Organisationen, die sind von einem Mangel geprägt. Und in sie lohnt es sich dennoch – oder gerade – Ressourcen zu investieren. Weil sie etwas austragen für die Sache, für die Unternehmensziele oder weil in ihnen weiterhin Potenzial für mehr schlummert.
Und dann gibt Arbeitsbereiche oder Gewohnheiten, die ebenfalls von einem Mangel geprägt sind, in die es sich aber nicht mehr lohnt, zu investieren. Weil sie nur Ressourcen verschlingen, Erwartungen befriedigen, jedoch nicht den Zielen der Organisation dienen. Oder: Weil da einfach nichts mehr geht, die Organisation machtlos ist im Anbetracht von unbeeinflussbaren Entwicklungen. Das sind zum Beispiel Entwicklungen in der Gesellschaft oder Entscheidungen auf höherer Ebene.
Im Umgang mit dem Ressourcenmangel ist es wichtig, Prioritäten zu setzten. Eine Leitfrage für Führungskräfte und ihre Mitarbeiter*innen in der Inventur kann dabei sein: Wo haben wir Gestaltungsspielraum, wo haben wir Macht – im positiven Sinn – etwas voranzutreiben? Und wo nicht? Was lassen wir lieber bleiben?
Voraussetzung für die Inventur dieser Art ist es, den Mangel anzuerkennen. Dass in vielen Fällen zu wenig da ist, können wir nicht wegdiskutieren. Oder wie man in Norddeutschland sagt: „Es ist ja, wie es ist.“ Das klingt zunächst banal. Aber unsere Organisationen kommen aus einer Zeit der „additiven Logik“. Jahrzehnte liegen hinter uns, in denen immer noch mehr gemacht werden konnte: Es wurde mehr Personal eingestellt, mehr angeboten, mehr gebaut. Das Haus wurde sinnbildlich vollgerümpelt. Gerade in kirchlichen Organisationen kann man das manchmal ganz materiell erleben, wenn man durch ein zu großes Gemeindehaus geht, das in den 1980er Jahren gebaut wurde.
Neben der Anerkennung des Mangels ist es deshalb hilfreich, den Mangel in ein Verhältnis zu setzen: Mangel im Verhältnis zu was? Ist es weniger als vor dreißig Jahren oder als im 18. Jahrhundert oder als vor Corona? Womit setzten wir unseren Status Quo ins Verhältnis und welcher Anspruch oder Wunsch steckt dahinter? Auch das können hilfreiche Impulse sein, die eine Führungskraft in der Inventur gemeinsam mit den Mitarbeiter*innen setzen kann.
Durch die Inventur zu Beginn des Jahres kann aus dem Weniger mehr werden. Der Mangel wird benannt. Die Organisation entscheidet sich bewusst, wo sie Prioritäten setzen, wo sie ihre verbliebenden Ressourcen investieren will. Dadurch entsteht Platz: In den Gebäuden, in den Kalendern und in den Köpfen. Und die Auseinandersetzung mit diesem Thema, den Mangel anzuerkennen und mit ihm umzugehen, fördern eine Organisationskultur, die produktiv mit Mangelerfahrungen umzugeht. Und darin steckt eine große Fülle.
Dr. Ricarda Schnelle, akd Studienleitung
Der Schmetterling im Kirchengarten –
eine Geschichte des Wandels
Bild: KI
In einer Welt, die von schnellen Veränderungen, Unsicherheiten und ständigem Fortschritt geprägt ist, stehen Organisationen vor der Herausforderung, wandlungsfähig zu bleiben. Dies gilt besonders für Institutionen wie Kirche und Diakonie, die einerseits in jahrhundertealten Traditionen verwurzelt sind, andererseits aber in der Gegenwart bestehen und relevant bleiben müssen. Führungskräfte spielen hierbei eine entscheidende Rolle – sie sind die Architekt*innen des Wandels, die den Spagat zwischen Bewahren und Erneuern meistern müssen. Doch wie gelingt es, Wandel in Organisationen zu gestalten, ohne das Fundament zu verlieren?
In einer kleinen Stadt, umgeben von Feldern und Wäldern, stand eine alte Kirche mit einem malerischen Garten. Der Garten war ein Ort des Friedens, doch über die Jahre war er vernachlässigt worden. Das Unkraut wuchs wild, die Beete waren leer, und die Besucher*innen blieben aus. Eines Tages trat die neue Pfarrerin an das Kirchengremium heran. „Wir sollten den Garten neu beleben“, sagte sie, „er könnte ein Ort der Begegnung und Inspiration werden.“
Das Gremium, bestehend aus langjährigen Mitgliedern, war skeptisch. „Das haben wir noch nie gemacht“, sagte der Kirchenvorstand. „Und was, wenn es nicht funktioniert?“ Die Pfarrerin ließ sich davon nicht entmutigen. Sie wusste, dass Veränderungen immer ein Stück weit auf Widerstand stoßen, aber sie glaubte an die Kraft der kleinen Schritte.
Zunächst begann sie, eine Vision zu entwickeln: Ein Garten, der Menschen zusammenbringt – Jung und Alt, Gläubige und Suchende. Dann lud sie Freiwillige ein, gemeinsam mit ihr anzupacken. Dabei legte sie besonderen Wert darauf, nicht alles selbst vorzugeben. Stattdessen ermutigte sie die Helfer*innen, ihre eigenen Ideen einzubringen. Ein junger Künstler schlug vor, eine Gebetsbank zu schnitzen, ein Rentner pflanzte Wildblumen, und eine Jugendliche entwarf ein Insektenhotel.
Nach Monaten der Arbeit begann der Garten zu blühen. Menschen kamen, um sich auszutauschen, zur Ruhe zu kommen oder einfach die Schönheit zu genießen. Und als eines Tages ein Schmetterling über die bunten Blumen flatterte, wurde er zum Symbol des Wandels. „Es braucht Zeit und Geduld“, sagte die Pfarrerin zum Kirchenvorstand, der nun begeistert mitarbeitete. „Aber wenn wir den Mut haben, Neues zu wagen, kann etwas Wunderschönes entstehen.“
Die Geschichte des Kirchengartens zeigt, wie wichtig Führungspersönlichkeiten für den Wandel sind. Die Pfarrerin verkörpert die Rolle einer Führungskraft, die Wandlungsvermögen fördert, indem sie Vertrauen aufbaut, eine klare Vision entwickelt und die Beteiligten aktiviert. Doch was genau können Führungskräfte in Kirche und Diakonie tun, um den Wandel zu gestalten?
Vision und Sinn schaffen
Wandel beginnt mit einer inspirierenden Vision. In kirchlichen und diakonischen Organisationen bedeutet das, die Wurzeln in christlichen Werten zu bewahren und gleichzeitig eine Sprache zu finden, die in die heutige Zeit spricht. Es geht darum, den Sinn hinter Veränderungen klar zu machen und die Menschen emotional abzuholen.
Partizipation ermöglichen Menschen
fühlen sich einem Wandel stärker verpflichtet, wenn sie aktiv daran beteiligt werden. Die Pfarrerin hat gezeigt, wie wichtig es ist, Freiräume für Kreativität und Eigeninitiative zu schaffen. Führungskräfte sollten Mitarbeitende ermutigen, ihre Ideen einzubringen und Verantwortung zu übernehmen.
Mut zum Ungewissen
Wandel ist oft mit Unsicherheit verbunden. Führungskräfte müssen bereit sein, Risiken einzugehen und Scheitern als Teil des Prozesses zu akzeptieren. Die Pfarrerin wusste, dass ihr Vorhaben nicht sofort Früchte tragen würde, aber sie blieb beharrlich – ein Vorbild für Resilienz und Zuversicht.
Traditionen mit Innovation verbinden
Kirche und Diakonie haben eine lange Tradition, die eine wichtige Ressource darstellt. Doch Tradition darf nicht zur Bremse werden. Die Pfarrerin hat es geschafft, die alten Mauern der Kirche mit neuen Ideen zu beleben – ein Beispiel dafür, wie Altes und Neues harmonieren können.
Wandlungsvermögen ist in Organisationen unserer Kirche und Diakonie nicht nur eine notwendige Fähigkeit, sondern eine Chance, gesellschaftlich relevant zu bleiben. Führungskräfte sind Wegbereiter des Wandels. Sie zeigen, dass Wandel nicht bedeutet, die Vergangenheit zu vergessen, sondern dass es darum geht, mit Zuversicht und Kreativität neue Wege zu beschreiten.
Als bundesweit agierende Akademie sind wir in der glücklichen Lage, in unseren Veranstaltungen nahezu jeden Tag erleben zu dürfen, wie die Lust am Gestalten unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer motiviert. Die Akademie selbst hat eine fünfzigjährige Geschichte ständigen, nicht unwesentlichen organisationalen Wandels an Erfahrung. Beständig aber bleibt unser Zweck - Menschen und Organisationen mittels unserer Angebote zu befähigen, Wandel im Kleinen und Großen zu gestalten.
Markus Stammnitz, akd Studienleitung
Fängt Organisationsentwicklung nicht in meinem Leben an?
Bild: Dr. Gabriele Bec
Und damit meine ich nicht mein ordnerüberfülltes Arbeitszimmer, die unaufgeräumte Küche nach der Sylvesterparty oder die Backofenreinigung nach dem Weihnachtsbraten oder die Organisation, wie es in einer Werbung hieß, „eines kleines Familienunternehmens“. "Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen", sagte Erich Kästner optimistisch oder „Ich habe so viele Baustellen in meinem Leben, bin schon gespannt was da entsteht!“ aus einem meiner Lieblingskalender (Visual Words 2025), den ich jedes Jahr von einem Freund zu Weihnachten geschenkt bekomme. Sie sehen, ich liebe Zitate oder sogenannte Sponty-Sprüche.
Als ich 14 Jahre alt war, eröffnete meine Mutter einen kleinen Handarbeitsladen, fortan war die ganze Familie beschäftigt, unser Leben änderte sich gravierend: mein Vater besuchte Fortbildungen um die Buchhaltung und die Steuererklärung zu erledigen, Steuerklärungen liebt er übrigens bis heute. Meine Mutter war auf der Suche nach den neusten Modellen und der besten Wolle und ich musste mitstricken, dekorieren, ab 16 Jahren ihre Vertretung übernehmen, zuhause kochen, aufräumen. Wurde ich gefragt? Ja, bevor sie den Laden eröffnete, aber da konnte ich die Konsequenzen nicht absehen. Die Male, die ich mich über diese Entscheidung geärgert habe, wurden geschmälert durch den Zugriff auf die neuste Wolle (auch damals gab es schon Lurexfäden), die neusten Modelle, der Neid meiner Freundinnen, wenn ich bei der nächsten Party ein außergewöhnliches Kleidungsstück trug. Wussten meine Eltern etwas über Organisationsentwicklung? Vermutlich nicht, aber es änderte nichts daran, dass wir drei ein gemeinsames Ziel hatten: das unser Laden erfolgreich war.
Das Jahr begannen wir immer mit der Inventur. Ich kann es nicht erklären, aber das Zählen der Wollknäuel, des Stickgarns, der unterschiedlichen Farben und Materialien, weich und flauschig für Pullover, strapazierfähig für die Socken, das Wissen, dass ein erfolgreiches Jahr hinter uns lag und ein neues, hoffentlich nicht weniger erfolgreiches Jahr vor uns lag, hatte auch immer etwas Beruhigendes, Meditatives, Spannendes, Erwartungsvolles. Wir konnten das Jahr Revue passieren lassen, reflektieren, wir wussten, was wir geleistet hatten. Da der Laden in einem kleinen Stadtbezirk lag, kannten wir 95% der Kundinnen und des einen Kunden (ein Lehrer, der für seine Familie strickte) und wussten, was sie im Laufe des Jahres fertig gestellt hatten, wie stolz sie auf ihre Arbeiten waren und wie sie zu den unterschiedlichen Feierlichkeiten ihre neusten Stücke vorführten und Stolz auf ihre Leistung waren.
Wir im Innern: Inventur der Kompetenzen
Eine zentrale Aufgabe der Organisationsentwicklung ist es, die vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen im Unternehmen zu erkennen und effektiv zu nutzen. Es gilt, das Potenzial der Mitarbeitenden zu identifizieren und gezielt einzusetzen. Eine solche "Inventur" der Kompetenzen ermöglicht es, Stärken zu fördern und eventuelle Lücken durch Fort- und Weiterbildungen oder auch Schaffung von neuen Stellen zu schließen. Ein wertschätzender Umgang mit den vorhandenen Ressourcen trägt zudem zur Mitarbeiterbindung bei.
Inventur: Bestandsaufnahme der Mitarbeitenden
Eine systematische Bestandsaufnahme der bestehenden Mitarbeitenden ist ein essenzieller Schritt, um die strategische Ausrichtung des Unternehmens zu optimieren. Dabei werden nicht nur Qualifikationen, sondern auch Potenziale und Entwicklungswünsche der Mitarbeitenden erfasst. Diese Inventur hilft, gezielt auf Herausforderungen wie den Fachkräftemangel zu reagieren und vorhandene Ressourcen effizient zu nutzen, aber auch den Wünschen der Mitarbeitenden nach der Sinnhaftigkeit des Tuns Rechnung zu tragen.
Organisationsentwicklung und Kompetenzsteigerung:
Strategien für nachhaltigen Erfolg
Die Arbeitswelt erfordert von Unternehmen ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit und Innovation, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Hierbei spielen Organisationsentwicklung, Kompetenzsteigerung sowie eine gezielte Bestandsaufnahme der vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen eine zentrale Rolle. Ziel ist es, die Organisation effektiver, flexibler und anpassungsfähiger zu machen. Dazu gehören unter anderem die Einführung neuer Arbeitsmethoden, die Förderung von Zusammenarbeit und Innovation sowie die Anpassung an Marktveränderungen. Eine erfolgreiche Organisationsentwicklung bedarf einer klaren Strategie und der aktiven Einbindung aller Mitarbeitenden.
Kompetenzsteigerung: Investition in die Zukunft
Die kontinuierliche Entwicklung der Kompetenzen der Mitarbeitenden ist essenziell, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Hierbei geht es nicht nur um die fachliche Weiterbildung, sondern auch um die Stärkung von Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit, Problemlösungskompetenz und Teamarbeit. Unternehmen, die gezielt in die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden investieren, profitieren langfristig von gesteigerter Produktivität, Mitarbeiterzufriedenheit und Innovationskraft.
Personalmangel: Herausforderungen und Chancen
Der Fachkräftemangel stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Besonders in Bezug auf mittlere Führungskräfte kann es schwierig sein, qualifiziertes Personal zu finden und zu halten. Dies erfordert innovative Ansätze im Personalmanagement, wie etwa gezielte Nachwuchsförderung, flexible Arbeitszeitmodelle, Familienorientierung und eine attraktive Unternehmenskultur.
Fazit: Zukunftsfähigkeit durch strategische Entwicklung
Organisationsentwicklung, Kompetenzsteigerung und eine systematische Bestandsaufnahme der Mitarbeitenden sind Schlüsselfaktoren, um den Herausforderungen des modernen Arbeitsmarktes zu begegnen. Unternehmen, die in ihre Mitarbeitenden investieren und ihre internen Strukturen kontinuierlich anpassen, schaffen die Grundlage für nachhaltigen Erfolg und bleiben langfristig wettbewerbsfähig.
Wir als bundesweit agierende Akademie können Sie dabei unterstützen. Im Gesundheitswesen wird immer mehr der Wunsch nach existenzieller Kommunikation geäußert, das heißt auch die spirituellen Dimensionen von Gesundheit und Krankheit in den beruflichen Alltag einzubeziehen. Spiritual / Existential Care stellt sowohl für die einzelnen Mitarbeitenden als auch für die Unternehmenskultur eine Ressource dar.
Zum Abschluss noch ein Zitat was Paul Claudel oder Adolf von Harnack zugeschrieben wird: „Nichts kann den Menschen mehr stärken als das Vertrauen, das man ihm entgegenbringt.“
Dr. Gabriele Beckert, akd Studienleitung