Unser Newsletter August 2024

In dieser Ausgabe haben wir inhaltliche Beiträge präsentiert von unseren Kolleg*innen 
Astrid Nickel, Claudia Vogel und Robert Wieczorek. In dieser Reihenfolge finden Sie diese Beiträge hier.

Draußen an der Tür – 
Zertifikate als Orientierungshilfen

Namensschilder sind für die Welt da draußen gedacht, damit der Besucher orientiert weiß, wer ihm die Tür öffnet. Wenn ich als Kunde vor einer Tür stehe, die ein Zertifikatsnachweis DIN EN ISO 9001 trägt, erwarte ich nachgewiesene und geprüfte Qualität. 

Aber was ist das genau? Das Wort „Qualität“ hat Konjunktur. Jeder spricht davon. Aber es werden unterschiedliche Vorstellungen und Bilder von „Qualität“ assoziiert. Deshalb ist es sinnvoll, sich zunächst auf gemeinsame Begrifflichkeiten zu einigen, denn der Begriff selbst ist zunächst ein neutraler Begriff über die Beschaffenheit einer Sache oder Leistung. Man kann von einer „einfachen Qualität“ oder von „Premiumqualität“ sprechen. Deshalb definiert die ISO 9001 Qualität mit der Erfüllung von Erwartungen der Kunden. Der Kunde kann sich darauf verlassen, dass die Leistung mit der Bezeichnung (normal, Premium, Standard) dem Ausgehandelten entspricht – „dass in der Packung drin ist, was draufsteht“. Dies gibt ihm Vertrauen und Sicherheit. Hier haben die Begriffe „Qualitätssicherung“ bzw. „Gewährleistung von Qualität“ ihren Platz. 

Hinter dem Begriff „Qualitätsentwicklung“ steht die Annahme, dass die Leistung immer weiter entwickelt werden kann. Es gilt, zu immer besserem fachlichen Arbeiten zu streben. Fehler, Kundenbeschwerden und Pannen werden im QM als Chancen zur Verbesserung gesehen und nicht mehr als persönliches Versagen. Es gibt in Einrichtungen und Diensten der sozialen Arbeit viele wichtige Verbesserungsaktivitäten. Doch es gibt wenige Einrichtungen, in denen die dort entwickelten Konzepte, Regelungen, Abläufe und Standards in einem systematischen Konzept zusammengefasst und aufeinander bezogen werden. Qualitätsentwicklung verknüpft vorhandene und neue Elemente und bringt sie in ein sinnvolles aufeinander abgestimmtes System. So wird zum Beispiel die Fortbildungsplanung in den Kontext eines neuen Angebots des Unternehmens gebracht. Festgelegte Standards werden regelhaft überprüft, ob sie den unternehmerischen Zielen, der strategischen Entwicklung dienen. Qualitätsmanagement ist somit ein grundlegendes Instrument der Organisationsentwicklung. Ein gut gesteuertes Qualitätsmanagementsystem hält nicht nur die Organisation nach innen auf Kurs, sondern wirkt auch nach außen – auf Kunden, Kooperations- und Interessenspartner, Mitbewerber, Auftraggeber usw. 

Wenn ich als Kunde am Türschild das ISO 9001 Zertifikat lese,  erwarte ich eine Organisation, die kunden- und zielorientiert arbeitet, die mir auch die Leistungen bietet mit denen sie wirbt, die transparent agiert und mein  Vertrauen nicht enttäuscht – die ich mit gutem Gewissen weiterempfehlen kann. 

Als Nachweis dieses Leistungsprofils werden die Unternehmen regelhaft extern überprüft – und diese Zertifizierungsverfahren müssen gewollt sein. Die Unternehmen stellen sich selbst auf den Prüfstand und setzen nicht unerhebliche personelle und finanzielle Ressourcen dafür ein. Welche Wege Unternehmen auch in Zeiten von Ressourcenverknappung dabei gehen können, lesen Sie gern im Interview mit einem Berliner Landesverband (siehe PDF-Button)


Astrid Nickel, Studienleitung and

Die Magie des virtuellen Seminarraums – 
Bildung und VR. Eine Symbiose?

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen in einem Seminarraum, leicht abgedunkelt, damit Sie das Flipchart besser sehen können. Dort steht: „Herzlich Willkommen!“ Der Beamer, der gleich Agenda und Folienfilm zum Projektmanagement übertragen wird, brummt bereits. Sie lassen sich allmählich darauf ein; noch schnell ein Kaffee holen, bevor es los geht. Noch kurz ein Schwätzchen mit dem Seminarkollegen halten…. 

Und nun stellen Sie sich kurz vor, Sie setzen eine VR-Brille auf. Heute geht es um ein Seminar, welches die komplexen Aspekte im Projektmanagement erlebbar macht. 

Umgehend befinden Sie sich in einem virtuellen Seminarraum. Ihre (reale) Seminarleitung begrüßt Sie freundlich und engagiert, heute als modern gekleideter Avatar. Sie werden aufgefordert sofort „das Steuer in die Hand zu nehmen“ und als Kapitän des Projekts zu wirken. „Bitte wählen Sie eine geeignete Identität als Avatar aus“. Sie haben die Wahl: Smutje, Crewmitglied, 1. Offizier, Matrose, Pirat…. Ah! Hier ist der Avatar: heute sind Sie der Kapitän des Segelschiffs. Ihr Auftrag? Den Zielort mit den Ressourcen an Board und den Witterungsbedingungen pünktlich zu erreichen. Ihr Kurs ist vorgegeben. 

Sie befinden sich nun auf hoher See und navigieren das Boot. Spüren Sie die Weite des Meeres, die rauen Wellen, die Ihr Boot angreifen, den stürmischen Wind, der die klappernden Segel packt. 

Erste Risse im Hauptsegel und angebrochener Mast! Achtung! Ihr erster Offizier dokumentiert im Logbuch:  Risikostufe 3 von 5 erreicht. Eingriff für Kurskorrektur angeordnet. Sie halten das Ruder härter an sich. Um Sie herum ist nur offene See. Ihr Ziel ist es am richtigen Ort anzukommen. Fieberhaft gehen Sie wieder und wieder Ihr Ressourcen Dashboard durch. Jetzt darf niemand ausfallen. 

Wo ist die Crew überhaupt? Und das Wetter! Ja, der Wind macht Ihnen zu schaffen. Für welchen Kurs werden wir uns gemeinsam entscheiden? Schnell, schnell, die Crew zusammenrufen -ein Briefing muss her! 

Plötzlich türmt sich ein außerirdisch großes Wesen auf; es ist gruselig anzusehen, mit sieben Augen. Sie werden abgelenkt. Das Wesen droht Ihnen das Steuer zu entreißen. Fest greifen Sie Ihren Controller der linken Hand. Und Sie spüren den Kontakt mit dem Boden wieder… Oh. Zum Glück ist es eben nur eine VR-Simulation gewesen! 

Die Zerstörung des Segelboots geradeso abgewendet! Sie halten inne: Ach ja. Die Krise nahte ja lediglich virtuell. Zum Glück! 

Sie üben am Beispiel: Wie reagiert man, wenn die Kombüse zerstört wird und die Crew rebelliert, weil die Kaffeemaschine nicht mehr funktioniert? Oder was tun, wenn Ihr navigatorischer IT-Spezialist versehentlich einen Virus an Board mitgenommen hat und Sie sich nicht auf die Navigationsgeräte und ausgefeilten Cockpits verlassen können? 

Die VR bietet auch eine großartige Möglichkeit, Konfliktmanagement zu üben. Stellen Sie sich das außerirdische Wesen mit sieben Augen noch einmal vor: Es war ein Crewmitglied, welches sich über die mangelnde Kommunikation an Board beschwert und eingegriffen hatte. In VR können Sie direkt in die Lage des Anderen schlüpfen und sehen, wie es ist, mit sieben Augen alles gleichzeitig zu sehen – das erklärt so einiges! 

Doch das Beste an der VR im Projektmanagement ist, dass Sie Fehler machen können, ohne katastrophale Folgen in der echten Welt zu riskieren. Ob es darum geht, einen bedeutungsvollen, standortübergreifenden Pflegekongress zu organisieren oder erstmalig die VR Technologie in Ihrem Hause als Projekt einzuführen; VR ermöglicht es Ihnen, Ihre Führungsfähigkeiten zu verbessern und dabei auch noch Spaß zu haben. 

Am Ende des Tages kehren Sie, gebeutelt von den großen Wellen und Gewitterstürmen in die Realität zurück. Die echte Kaffeemaschine funktioniert wieder, und Ihre Crew hat wieder festen Boden unter den Füßen. Aber eines ist sicher: 

Mit der VR haben Sie nicht nur damit experimentiert, wie man Projekte managt, sondern auch, wie man dabei das Lachen nicht verliert. 

Und in welche Identität werden Sie als nächstes schlüpfen? 


Claudia Vogel, akd Studienleitung

Ohne Name, keine Identität.

Wenn Du in einer Band spielst, einen Verein oder eine Firma gründen willst, braucht Du einen Namen. Warum?   


Ein Name ist im Grunde nichts anderes als ein sprachliches Stichwort, das einer Person, einem Gegenstand, einer Organisation (zum Beispiel einem Unternehmen) oder einem Begriff zugeordnet werden kann. Das dient einerseits der Identifizierung und andererseits auch der Individualisierung. Kurz gesagt: Der Name gibt Identität.


Eltern haben die große und folgenreiche Aufgabe, ihren Kindern einen passenden Namen zu geben. Und das will gut überlegt sein. Eine Untersuchung der Technischen Universität Chemnitz zeigte, dass Menschen, noch bevor sie eine andere Person kennen, mit ihrem Namen bestimmte Eigenschaften assoziieren. Die Studie »Ein Vorname sagt mehr als 1000 Worte. Zur sozialen Wahrnehmung von Vornamen« von Rudolph et al. 2006 hat 30 Mädchen- und 30 Jungennamen auf deren Wirkung hin analysiert. Hier wurde deutlich, dass Menschen positive oder negative Merkmale mit bestimmten Namen verbinden, ohne den Namensträger überhaupt zu kennen. Am bekanntesten ist vermutlich der scherzhaft als »Kevinismus« bezeichnete Effekt, dass Lehrer Kinder mit Namen wie eben Kevin, Chantal, Justin etc, eher als leistungsschwach und verhaltensauffällig beschreiben. Unabhängig davon, dass auch Kevin und Chantal schlau sein können, heißt es doch, dass sie sich wahrscheinlich mehr anstrengen müssen, um auch so wahrgenommen zu werden.

Ebenfalls anzunehmen ist, dass sich in der Namensgebung die persönliche Einstellungen und Präferenzen der Eltern wiederfinden, die wiederum Rückschlüsse auf die Identität der Eltern zulassen. Und die elterlichen Einstellungen können einen signifikanten Einfluss auf das Kind haben. Der Name scheint die eigene Persönlichkeit durchaus zu beeinflussen, auch wenn man sich dessen nicht bewusst ist.


Auch Familiennamen sind ein Beispiel dafür, wie man mit Benennungen von Personen Identitäten bestimmen oder stiften kann. Markiert der Vorname die persönliche und individuelle Identität des Einzelnen, so ist der Familienname Teil einer Gruppenidentität, da er in der Regel mehrere Personen so bezeichnet. Der Familienname gibt Aufschluss über die Herkunft der Familie. So können Familiennamen eindeutig bestimmten Regionen zugeordnet werden. Oft geben Familiennamen auch Hinweise darauf, welchen Beruf die Vorfahren ausgeübt haben

Das berühmte Goethe Zitat »Namen sind Schall und Rauch« vermittelt, dass Namen eigentlich unbedeutend und vergänglich sind. Der Name selbst sagt nichts über eine Person oder eine Sache aus. Gleichzeitig braucht es aber Namen, um Identität überhaupt zuordnen zu können. Wir einigen uns kollektiv darauf, dass jemand oder etwas diesen oder jenen Namen trägt und ordnen dadurch Bedeutung zu. Einem Stuhl ist es natürlich egal, dass wir ihn Stuhl nennen. Uns nicht, weil wir mit dem Wort bzw. dem Namen eine Funktion und eine Bedeutung verbinden.

Exkurs:

»Ohne Name, keine Identität.« Das waren die einleitenden Worte einer Schulleiterin, die ihre Schule über viele Jahre nur als Gesamtschule am Kikweg präsentieren konnte. Die Schule hatte eine Reihe von Problemen, die aus ihrer Sicht auf mangelnde Identifikation mit der Einrichtung zurückzuführen waren. Sowohl Lehrer als auch Schüler waren mit dem schlechten Ruf der Schule unzufrieden und im Rahmen eines Identitätsworkshops wollte man die vielfältigen Probleme schließlich gemeinsam anpacken und Lösungen entwickeln. Vandalismus, ein hoher Migrationsanteil und die generellen Vorurteile gegenüber Gesamtschulen waren, neben einer fehlenden Webseite und mangelhafter Kommunikation, die dominierenden Themen. Die Schulleiterin hatte bereits eine Namensänderung beantragt und Kontakt mit dem potenziellen Namensgeber, einem deutschen Schriftsteller, aufgenommen. Dessen Werke wurden im Unterricht regelmäßig besprochen und man konnte sich damit identifizieren.


In einem Workshop mit Vertretern aus allen Bereichen der Schule wurden die eigenen Stärken und Schwächen diskutiert und mit Blick auf den neuen Namen eine neue Identität für die Schule erarbeitet. Dabei war das Zitat des Schriftstellers, »Ich habe meine Heimat in der Sprache gefunden«, richtungsweisend und wertvoll für das Zugehörigkeitsgefühl. Im nächsten Schritt wurde, auch durch Eigenleistung der Schüler, die Identität visualisiert, eine Festschrift für die Umbenennung sowie Webseite fertiggestellt.


Mit der feierlichen Umbenennung der Gesamtschule am Kikweg in »Dieter Forte Gesamtschule« hat der Schriftsteller der Schule nicht nur seinen Namen, sondern auch sein Gesicht und einen Teil seiner Biografie geschenkt.


Wenn man einen Namen jetzt in eine Wortmarke überführt und ggf. zusätzlich mit einem Zeichen versieht, erhält man eine Wort-bild-marke. Ein Logo. Die unverwechselbare Signatur der Organisation. Und weil Farben eine große Bedeutung haben und zusätzlich Emotionen auslösen, ist man gut beraten, diese ebenfalls gezielt einzusetzen. Eine passende Typografie, ein Gestaltungsraster und eine einheitliche Bildauffassung runden die Zutaten für ein gelungenes Corporate Design ab. Fertig ist das Erscheinungsbild einer Körperschaft. Wer jetzt noch eine gute Brandstory liefert und seine Medien einheitlich gestaltet, hat das „Wir im Außen“ gut präsentiert.

Robert Wieczorek, akd Unternehmenskommunikation